2010-11-25 19:00 Wissensgesellschaft und Neoliberalismus

Vortrag und Diskussion mit Gerhard Stapelfeldt (Hamburg)

Die unter dem Stichwort Bologna-Prozess bekannte Umstrukturierung des europäischen Hochschulsystems wurde offiziell 1999/2000 begonnen, doch ihre Vorgeschichte reicht viel weiter. Auf europäischer Ebene haben schon Währungsunion und der Abbau von Handelsbarrieren den Zwang zu einer wettbewerbskonformen Umgestaltung der europäischen Hochschulen freigesetzt. Der vertraglich vereinbarte und implementierte freie Verkehr von Kapital, Waren, Dienstleistungen und hochqualifizierten Arbeitskräften hat die EU-Mitgliedstaaten in einen Standort-Wettbewerb um Kapital-Investitionen versetzt. Im Zuge der nun dominierenden Dienstleistungsökonomie konstituiert dieser de-regulierte Markt wesentlich eine transnationale, wissensgestützte Ökonomie.
Das Wissen gilt dabei als prinzipiell grenzenlos produzierbarer Rohstoff zur Verwertung investierten Kapitals, die Wissenden gelten entsprechend als Humankapital. Die Universitäten sind, in dieser Ökonomie, unter den Imperativ ihrer betriebswirtschaftlichen Rationalisierung gesetzt und als solche Produktionsstätten von Wissens-Kapital und Human-Kapital.
Nicht die Norm wissenschaftlicher Wahrheit entscheidet nun über Lehre und Forschung, sondern der ökonomische Wert. Nicht der wissenschaftliche Diskurs konstituiert die Gesellschaft der Studierenden und Lehrenden, sondern der allgemeine Wettbewerb, der methodisch in Form permanenter Evaluierungen durchgesetzt wird.


Gerhard Stapelfeldt war bis zur dortigen Vollendung des Bologna-Prozesses Professor für Soziologie an der Universität Hamburg und gab dann seinen Lehrstuhl auf, weil Kritische Gesellschaftstheorie unter diesen Bedingungen an einer Hochschule nicht mehr vermittelbar sei.
In Anknüpfung an die Marxsche Kritik und die Kritischen Theorie befasst er sich vor allem mit der Kritik der Rationalität in der kapitalistischen Weltökonomie.
Zum Thema Wissenschaftspolitik veröffentlichte er zuletzt:
Geist und Geld. Von der Idee der Bildung bis zur Warenform des Wissens (2003)
Der Aufbruch des konformistischen Geistes. Thesen zur Kritik der neoliberalen Universität (2007)

Die Veranstaltung findet am Donnerstag, den 25. November 2010 im Hörsaal 17 des Universitäts-Hauptgebäudes statt.
Der Eintritt ist frei.


<<

April

>>
Mo Di Mi Do Fr Sa So
01 02 03 04 05 06 07
08 09 10 11 12 13 14
15 16 17 18 19 20 21
22 23 24 25 26 27 28
29 30          

Keine Termine im gewählten Zeitraum.